Login
Victoriana
Stichworte zu:
0 Kommentare
Antisemitismus
In einer mittleren Stadt wie Halberstadt, in der über Jahrhunderte eine bedeutende jüdische Gemeinde in enger Nachbarschaft zur Mehrheit der Nichtjuden lebte, gab es nach meinen Feststellungen vor 1933 keinen militanten und auf lokaler Ebene organisierten Antisemitismus. Jedoch entnehme ich den Äußerungen vieler nichtjüdischer Halberstädter Interviewpartner, daß der latente Antisemitismus, der "Rischus", wie ihn die Juden nennen, entweder bewußt oder unbewußt auch in den scheinbar ruhigen Zeiten fest in den Gemütern wurzelte, und zwar lange ehe sich die Nazis am Horizont bemerkbar machten. Er wurde wohl vor allem gedämpft durch die Tatsache, daß jüdische Firmen und Personen, wie Aron Hirsch & Sohn, aber auch Samuel Baer's Söhne, H.J. Meyer & Söhne, Nußbaum mit Bank und Gütern, Julius Meyer, mit der bekannten Druckerei und viele andere, große und soziale Arbeitgeber waren. Die Halberstädter kauften auch gern in den jüdischen Warenhäusern im Stadtzentrum ein. In der orthodoxen Gemeinde in Halberstadt, die schon durch strenge Gesetzestreue, wie z.B. Schabbatruhe, koschere Lebensweise, Schranken zu den Gojim aufrichten mußten, kam es aber kaum zu einem Dialog zwischen den Religionen, der allerdings an den Stätten des Reformjudentums aus anderen Gründen gleichfalls fehlte.
 
Von besonderem Interesse:
Mündliche und schriftliche Erinnerungen an und Beispiele für Antisemitismus, der vor 1933 hier in Halberstadt von Zeitzeugen oder deren Vorfahren erlebt wurde.
Kommentar schreiben